Fortsetzung der Ringvorlesungen der Polizeiakademie Niedersachsen am Standort Hann Münden am 26.03.2019

Bereits zum zweiten Mal ermöglichte die Polizeiakademie Niedersachsen eine Ringvorlesung am Standort Hann. Münden. Die kurzfristig planbare Teilnahme des internationalen Studienkurses und die Bereitschaft des Referenten, gleich zwei Themen an einem Tag zu präsentieren, ermöglichte einen interessanten, sehr lehrreichen und international ausgerichteten Nachmittag in der Aula Braunschweig in Hann. Münden.

Nach den einführenden Grußworten von Andrea Marquardt als Vertreterin des Direktors der Polizeiakademie und der Erwähnung der Unterstützung des Fördervereins „Freunde der Polizeiakademie Niedersachsen“ bei der Durchführung der Veranstaltung bedankte sich Andreas Borchert für die rege Teilnahme beim Auditorium. Der Gast des gestrigen Tages, Prof. Dr. Dietmar Heubrock, Geschäftsführer des Instituts für Rechtspsychologie der Universität Bremen, wurde von Prof. a. d. PA Dr. Sabine Schildein (SG4) sowie Claudia Wolters (SG1) herzlich willkommen geheißen.

Prof. Dr. Heubrock startete mit dem Thema der audiovisuellen Vernehmung im Rahmen der Gesprächsführung mit kindlichen Opfern und Zeugen. Die Kernfrage des ersten Vortrags lautete: „Was bedeutet es für ein aussagepsychologisches Gutachten, wenn die Erstvernehmung bereits mit Hilfe audiovisueller Methoden erfolgt ist?“ Hierbei stellte Prof. Heubrock besonders die Bedeutung der Gestaltung einer kindgerechten Gesprächssituation heraus. Es gab auch für die zahlreich vertretenen Praktiker wertvolle Anregungen für die Vernehmungskommunikation speziell bei Sexualdelikten. Die in der Literatur oft vorgeschlagenen Hilfsmittel und Methoden (z. B. Bildkärtchenmethode, tiergestützte Vernehmung oder auch die Beteiligung von Begleitpersonen) wurden kontrovers und teilweise recht kritisch berücksichtigt. Unter Verwendung der audiovisuellen Aufzeichnung, so sein Tenor, könnte die kindliche Äusserung unverfälscht und ohne Suggestionseinflüsse unmittelbar und gerichtlich verwertbar dokumentiert werden. Man würde sich damit die Filterfunktion z.B. einer Kartenmethode ersparen, bei deren Verwendung die Aussage gegebenenfalls zu stark strukturiert erscheint und somit die Authentizität der Äusserungen in Frage gestellt werden könnte. Der Einfluss der Methode der Erstvernehmung und deren Dokumentation, so Heubrock, habe durchaus einen nicht unerheblichen Einfluss auf ein mögliches aussagepsychologisches Glaubhaftigkeitsgutachten eines nachgeschalteten Sachverständigen.

Der zweite Vortrag mit dem Titel: „How to identify attackers before they act – a contribution to a terror defence.“ erfolgte wegen der Beteiligung des internationalen Studienkurses auf Englisch. Prof. Dr. Heubrock stellte in diesem Kontext eine seiner aktuellen Experimentalreihen vor, die sich explizit mit der Verhaltensanalyse von Personen befasst, die sich in einer simulierten Tatsituation kurz vor der Durchführung eines terroristischen Anschlags befinden. Die videounterstützte standardisiert codierte Verhaltensbeobachtung der (vermeintlichen) Attentäter direkt am „Einsatzort“ zeigt Aufschlüsse über spezifische tätertypische Veränderungen der Körpersprache (situative Gestik und Mimik) und bei den unbewussten Erregungsabfuhrgesten (Adaptoren). Prof. Dr. Heubrock sprach hier von den „early red flags“, die der Attentäter unbewusst durch die Aktiviertheit seiner „emotional software“ zur Anpassung an die für ihn besondere Situation in komplexen Szenen zeigt – und die sich von geschultem Personal beobachten lassen!

Beide Veranstaltungen waren wie erwartet sehr gut besucht. Das Feedback der teilnehmenden Studierenden und der Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Dienststellen fiel einhellig positiv aus. Vielfach wurde der Wunsch geäußert, diese Form der Verzahnung von Wissenschaft und Praxis bitte weiter beizubehalten.

Somit steht der Fortsetzung mit der dritten Ringveranstaltung, deren Thema zu gegebener Zeit an geeigneter Stelle bekannt gegeben wird, nichts im Wege…

Kontaktaufnahme unter:

Prof. a.d. PA Dr. Sabine Schildein

Gimter Str. 10

34346 Hann. Münden

Tel. 05541/702-404 (TeSoNe 07-70-404)

Fax: 05541/702-835

sabine.schildein@polizei.niedersachsen.de


  Bildrechte: Polizeiakademie Niedersachsen
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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.03.2019
zuletzt aktualisiert am:
21.04.2020

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