Dunkelfeldstudie beleuchtet erstmals jüdisches Leben und Alltag in Hamburg
Deutschlandweit erstmalig untersucht eine Studie Antisemitismus aus jüdischer Perspektive unter Mitwirkung der Polizeiakademie Niedersachsen
Indem sie den Fokus auf die jüdische Wahrnehmung von Antisemitismus setzt, schließt die Studie „Jüdisches Leben und Alltag in Hamburg“ eine wichtige Lücke in der bisherigen Forschung zu diesem Thema. Die Studie ist als Kooperationsprojekt der Polizeiakademie Niedersachsen und der Akademie der Polizei Hamburg, der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und der Gleichstellungsbehörde auf Initiative des Antisemitismusbeauftragten erarbeitet worden. Am 15.07.2024 wurden ihre Ergebnisse in den Räumen der Jüdischen Gemeinde in Hamburg von Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank und den Forschenden Prof. Eva Groß und Prof. Joachim Häfele vorgestellt, gemeinsam mit Hamburgischen Polizeipräsidenten Falk Schnabel, dem Antisemitismusbeauftragten in Hamburg Stefan Hensel und dem 1. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hamburg Philipp Stricharz.
Die Gleichstellungssenatorin der Freie und Hansestadt Hamburg Katharina Fegebank betonte: „Mit dieser Studie haben wir erstmalig in Deutschland die Perspektive der Betroffenen wissenschaftlich untersucht und die Ergebnisse machen uns tief betroffen. Wenn Jüdinnen und Juden am Arbeitsplatz, auf dem Schulhof, auf der Straße oder online beleidigt werden, wenn sie sich nicht mehr sicher in Hamburg fühlen und ihre jüdische Identität aus Angst verstecken, dann sind wir als Staat und auch als Gesellschaft gefordert, den Schutz jüdischen Leben zu sichern. Gemeinsam treten wir dafür ein, dass Hamburg eine Stadt ist, in der Antisemitismus keinen Platz hat, und in der Jüdinnen und Juden ohne Furcht vor Diskriminierung und Hetze leben können.“
Polizeipräsident Falk Schnabel: „Jüdinnen und Juden müssen sich in Hamburg sicher fühlen können. Der Schutz des jüdischen Lebens hat in der Hamburger Polizei höchste Priorität. Einsatzkräfte der Polizei schützen bereits heute viele jüdische Einrichtungen. Angesichts der aktuellen Studie wird allerdings deutlich, dass wir im Hinblick auf das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden und beim Thema Sicherheitsgefühl noch einiges zu leisten haben.“
Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel: „Die Dunkelfeldstudie hat erstmals die tiefgreifenden Auswirkungen von Antisemitismus auf Jüdinnen und Juden in Hamburg aufgezeigt. Insbesondere seit dem 7. Oktober sind die Sicherheitsbedenken so groß, dass sich viele Jüdinnen und Juden aufgrund antisemitischer Bedrohungen ins Private zurückziehen und weniger am öffentlichen Leben teilnehmen. Es ist unsere Pflicht, aus diesen Erkenntnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen und entschieden gegen Antisemitismus vorzugehen, damit jüdisches Leben in Hamburg wieder uneingeschränkt möglich ist."
Philipp Stricharz, erster Vorsitzender Jüdische Gemeinde in Hamburg: „Die Studie bringt Erkenntnisse auf den Punkt, die uns lange bekannt sind, die aber jetzt erstmalig auf wissenschaftlichem Niveau aufbereitet, eingeordnet und belegt werden. Die Studie ist damit von hohem praktischem Nutzen für Entscheidungsträger. Antiisraelische Hetze im öffentlichen Raum beeinträchtigt, wie die Studie zeigt, die Teilhabe jüdischer Hamburger am öffentlichen Leben. Dieser Hetze muss Hamburg nunmehr entschieden entgegentreten und deutlich die Verantwortung der Hamas für das Leid in Israel und in Gaza betonen. Dass der Jüdischen Gemeinde seitens jüdischer Hamburger das höchste Vertrauen im Vergleich der genannten Institutionen entgegengebracht wird, bestätigt uns in unserem überwiegend ehrenamtlichen Engagement.“
Dr. Joachim Häfele, Professor an der Polizeiakademie Niedersachsen: „Antisemitische Erlebnisse haben besonders weitreichende Folgen für die Betroffenen und deren Gemeinschaft und reichen von psychischen Belastungen, sozialem Rückzug und dem Verlust des Vertrauens in öffentliche Institutionen bis hin zur Vermeidung des Offenlegens der eigenen jüdischen Identität. Antisemitische Taten sind immer auch als Angriffe gegen die plurale Demokratie einzuordnen.“
Prof. Dr Eva Groß, Akademie der Polizei Hamburg: „Unsere Daten zeigen, dass Betroffene auf Antisemitismus und dessen weitreichende Folgen besonders sensitiv mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen, Krisen und/oder Signalereignissen reagieren. Nur über ein verstetigtes Monitoring der Betroffenenperspektiven lassen sich solche Zuspitzungen möglichst frühzeitig erkennen und als demokratische Stadtgesellschaft angemessen darauf reagieren.“
Vernetzung und Schutz demokratischer Werte sind wichtige Ziele der Strategie der Polizeiakademie Niedersachsen. Das Projekt ist beispielhaft für die erfolgreiche Umsetzung länderübergreifender Kooperation im Forschungssektor zwischen polizeilichen Bildungseinrichtungen sowie mit der Zivilgesellschaft.
Weiterführende Verlinkungen:
Die Studie "Jüdisches Leben und Alltag in Hamburg" finden Sie hier zum Download.
Artikel-Informationen
erstellt am:
19.07.2024
zuletzt aktualisiert am:
21.08.2024