Soko S – Die Jagd nach dem Bombenattentäter von Bremen und Eystrup

„Heimtückische Mordanschläge in Norddeutschland“ titelte eine überregionale Tageszeitung am 30. November 1951. Was war geschehen?

In Eystrup und Bremen kamen zwei Menschen beim Öffnen von Postpaketen durch Sprengstoffexplosionen grausam zu Tode und etliche weitere erlitten zum Teil schwerste Verletzungen. Ein weiterer Anschlagversuch in Verden misslang.

Schnell stand bei den Ermittlern von Polizei und Staatsanwaltschaft die Frage nach dem Motiv im Vordergrund. Handelt es sich um ein politisches Attentat, einen Anschlag aus Eifersucht oder Habgier, oder ist hier ein psychisch gestörter Mensch am Werk?

Dass der Täter schließlich ein junger Mann aus dem ländlichen Raum rund um Nienburg an der Weser war, erstaunte viele und erklärte wenig.

Der Fall des Briefbombenattentäters Erich Cedrik von Halacz wurde vor 10 Jahren als Dokumentation unter dem Titel „Post vom Tangojüngling“ verfilmt und ist als Ereignis der Zeitgeschichte bis heute im Gedächtnis der Menschen in Nienburg präsent geblieben.

Das Polizeimuseum Niedersachsen hat jetzt diesen Fall aufgegriffen und will vor allem die polizeiliche Seite und die Zeitumstände in Form einer Ausstellung dokumentieren. Selbst nach über sechs Jahrzehnten gelang es den Kuratoren noch wichtige Originaldokumente und Asservate des Falles zusammen zu tragen. Wie zum Beispiel den zeitgenössischen Nachbau der Paketbombe, Lichtbildmappen von den Tatorten, die Schreibmaschine, die der Täter benutzt und die ihn schließlich überführt hat, und natürlich originale Zeitschriftenartikel sowie das gebundene Urteil mit Begründung des Landgerichts Verden.

Bei den Recherchen und der Planung der Ausstellung wurde schnell klar, dass dieser Kriminalfall nicht ausschließlich aus regionalgeschichtlicher Perspektive dargestellt werden kann, denn er stellt ein für die junge Bundesrepublik bis dahin einzigartiges Ereignis dar: Zum ersten Mal wurde eine länderübergreifende Sonderkommission der Polizeien Bremens und Niedersachsens gebildet. Das unmittelbar vor den Anschlägen aufgebaute Bundeskriminalamt unterstützte die Ermittlungen und der ebenfalls 1951 gegründete Bundesgrenzschutz wurde an der bundesweiten Fahndung beteiligt.

National und international war die öffentliche Aufmerksamkeit groß. Die Presse im Nachkriegsdeutschland berichtete nicht nur ausführlich über die Ereignisse, sondern griff auch aktiv in die Fahndung ein. Pressemitarbeiter ließen erstmals in Deutschland ein Phantombild zeichnen und boten dieses der Polizei zur Veröffentlichung an. Das selbstbewusste Auftreten der „vierten Gewalt“ in der noch jungen Bundesrepublik irritierte die Ermittler in der „Sonderkommission Sprengstoff“ (Soko S), die ihre berufliche Sozialisation maßgeblich in der nationalsozialistischen Diktatur erlebt hatten.

Die Kuratoren wollen schlaglichtartig auf polizeiliche und kriminaltechnische Entwicklungen ebenso aufmerksam machen wie auf die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland. Dabei sind manche Diskussionen der damaligen Zeit heute noch genauso aktuell wie im Deutschland der frühen Fünfzigerjahre. So das Verhältnis von Polizei und Medien, die Kompetenzen und die Vernetzung der Polizeibehörden im Bund und in den Ländern und selbst die kontroverse Debatte über den negativen Einfluss von bestimmten Medien auf die soziale Entwicklung von Jugendlichen.

Der Kriminalfall wird auf Ausstellungstafeln dargestellt, die chronologisch den täglichen Fortgang der Ermittlungen dokumentieren. Auf einer großen Karte sind Orte eingetragen, an denen die Ermittler Spuren und Hinweisen nachgegangen sind. Darüber hinaus sind zeitgenössische Wochenschau-Filme zu diesem Ereignis als Filmclips zu sehen.


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