Falschbeschuldigungen bei Vergewaltigungen/sexuellen Nötigungen

Dr. Daniela Klimke, Projektlaufzeit: 2019-2022


Hintergrund und Projektbeschreibung

Eine zunehmende Diskrepanz zwischen angezeigten und verurteilten Fällen von Sexualgewalt wird verschiedentlich beklagt. Wesentlich scheint diese Entwicklung auf einen strafverschärfenden Wandel gesellschaftlicher und gesetzgeberischer Definitionen von Sexualgewalt sowie damit zusammenhängend einem Veränderungsdruck in der Ermittlungspraxis zurückzugehen, was häufig erst von den Gerichten korrigiert wird. Die Polizei wird zunehmend konfrontiert mit a) beweisschwierigen Fällen, b) erhöhten Kriminalisierungstendenzen und -erwartungen im Feld sexueller Konflikte, c) einem Sachverhaltswandel weg vom Fremdtäter hin zur Sexualgewalt in bestehenden sozialen Beziehungen und d) einer offenbar steigenden Rate von Falschbeschuldigungen. Die Unterscheidung zwischen strafrechtlich relevanten Fällen sexueller Gewalt, nur von dem/der Anzeigeerstatter*in und Dritten subjektiv wahrgenommenem Unrecht im sexuellen Feld und bewusst vorgenommenen Falschbeschuldigungen wird zunehmend schwieriger.


Ziele

Ziel der beantragten Forschung ist es zum einen, diese Diskrepanz zwischen steigender Anzeigeneigung und sinkender Verurteilungsrate auf der ersten Instanz der polizeilichen Ermittlungen mit Blick auf einen Wandel des Anzeigebegehrens und polizeilicher Verfahrensweisen zu untersuchen. Zum anderen umfasst das Projekt auch ein polizeipraktisches Erkenntnisinteresse. Es sollen Kriterien hinsichtlich von Fallschilderungen und Kennzeichen der Anzeigeerstatter*innen erarbeitet werden, die polizeiliches Praxiswissen und den theoretisch-empirischen Forschungsstand miteinander verknüpfen, um die Falleingänge auf wissenschaftlicher Grundlage differenzieren zu können.


Methode

Es wurden dreißig leitfadengestützte Experteninterviews mit ermittelnden Polizeibeamten geführt. Alle Interviews werden aufgenommen, transkribiert und vollständig anonymisiert.


Mitarbeiter*innen:

Dr. Daniela Klimke

Bisher erfolgte und verbindlich geplante Ergebnisverwertungen:

Klimke (2018): „Die Krise des Sexuellen und die Wirkkraft von Skandalen“, Vortrag auf der Rechtswissenschaftlichen Tagung der Polizeiakademie Niedersachsen am 29.08.

Klimke (2019): „Skandalfeld Sexualität – Akteure, Argumente und Wirkungen“, Vortrag in der Arbeitsgruppe „Pranger 3.0“ auf dem 43. Strafverteidigertag in Regensburg vom 22.-24.03.

Klimke (2020): Falschbeschuldigungen auf dem sexuellen Feld auf dem 44. Strafverteidigertag in Berlin.

Klimke (2020): Falschbeschuldigungen – Vertrauenskrise im sexuellen Feld, in: Schweer, Martin (Hg.), Facetten des Vertrauens, Wiesbaden.

Klimke (2020): False Allegations in Rape Cases – a Sign of Punitivity, in: Kury, Helmut/Zarafonitou, Christina (Hg.), Strafen, Wirkungen, Strafbedürfnisse in der Bevölkerung, Wiesbaden.

Klimke (2022): Falschbeschuldigungen. Konstruktion und Dekonstruktion von sexueller Gewalt (Arbeitstitel), Wiesbaden.


Förderung:

Polizeiakademie Niedersachsen (Forschungsfreisemester und weitere Lehrentlastung für die geplante Buchpublikation)


Laufzeit: 05.2019 bis 05.2022

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